Donnerstag, 8. Mai 2008

In der Bad Freienwalder Kaserne

Wanderungen durch die annektierte DDR haben ja, gerade in provinzielleren Gebieten, immer etwas von archäologischer Forschung. So, wie man in Wäldern, im Fundament abgerissener Häuser und beim Umgraben von Feldern mitunter auf die Überreste frühzeitlicher Siedlungen stößt, so findet der Spaziergänger, der ein Auge dafür hat, zwischen Stralsund und Sonneberg mitunter noch die schönsten und interessantesten Gebäude, städtebaulichen Situationen und Kunstwerke, wenn auch oft in bemitleidenswertem Zustand.


Unter den hierbei möglichen Fundstücken bilden militärische und geheimdienstliche Bereiche eine Klasse für sich, denn aufgrund der Geheimhaltungsstufe, der solche Gebiete notwendigerweise unterlagen, sind sie in Wander- und Architekturführern der DDR nicht verzeichnet, so dass man auf die noch immer bruchstückhaften Forschungen aus der Zeit nach 1990 verwiesen ist. Umso mehr gilt dies für Gebiete, die nicht von den staatlichen Organen der DDR, sondern von solchen der UdSSR genutzt wurden, namentlich die Kasernen der Sowjetarmee.



Auf eine solche stießen wir, ohne es erwartet zu haben, in der Kurstadt Bad Freienwalde im Oderbruch. Hier, wo einst die 6. Gardemechanisierte Division der Sowjetarmee stationiert war, lässt sich die Veränderung der Nutzung solcher Areale, ganz ähnlich wie z.B. in Neuruppin und Wünsdorf, in Echtzeit miterleben. Während der größte Teil der Wohngebäude mittlerweile saniert und zum neuen Wohngebiet “Waldstadt” hergerichtet worden ist, ist die verfallene Absperrung durch Mauern und Zäune immer noch sichtbar. Am Rande des Geländes steht ein letzter Wohnblock leer, vor dem zwischen allerhand Gestrüpp ein Schwimmbecken vor sich hin gammelt. Der blau angestrichene Beton ist an vielen Stellen abgeblättert, Gräser und Bäume stoßen durch Boden und Wände, und es zeigt sich, dass der Mensch sich nur durch Arbeit in der Natur verwirklichen kann: Wo er sich zurückzieht und seine Werke sich selbst überlassen bleiben, werden sie von der Natur zurückerobert.



Wie lang das noch so weitergeht, ist nicht abzusehen. Laut “Märkischer Oderzeitung” vom 11. April plant ein Wriezener Investor in und um den letzten Kasernenbau die Errichtung eines “Fun-Parks” mit künstlich angelegtem See, Kletterwand und Dachterasse mit Biergarten. Man hat jedenfalls allen Grund, bei solch ambitionierten Projekten in dieser Gegend skeptisch zu sein.