Dienstag, 11. März 2008

Hohenschönhausener Fundsachen

Noch immer habe ich keines der mittlerweile schon zwei DDR-Museen in Berlin besucht, von Hubertus Knabes Gruselkabinett ganz zu schweigen. Wozu auch, wenn doch Überreste der DDR überall zu finden ist. Man muss nur die Augen offenhalten und sich in das ein oder andere Gebäude Eintritt verschaffen, auch wenn nicht groß "Museum" über der Tür steht. So war mir der große Bürobau in der Wartenberger Straße in Berlin-Neuhohenschönhausen, das heute verschiedene Arztpraxen berherbergt, erst durch ein Mosaik an der Außenwand aufgefallen, dessen durch eine Konstruktion aus Stahlträgern strukturierte Darstellung des Menschen in der Natur schon ahnen ließ, dass es sich hier um ein ehemaliges Gebäude des Bauwesens handelte. Die Annahme wurde bestätigt durch viele, weitgehend unangetastete Fundstücke im Foyer, die ich nun mit der Leserschaft teilen will: Ausstellungsankündigungen, Stadtansichten und Plakate, alles noch aus den späten 80er Jahren.














Einige Ausflüge nach Berlin-Mitte

Grandmaster Flash sagt: „Can’t take the train to the job, there’s a strike at the station.” Ich sage: Dann muss ich eben laufen. So hat mich der seit einigen Tagen anhaltende Streik in den Berliner Verkehrsbetrieben nun schon mehrmals dazu gebracht, den Weg zu meiner Arbeitsstätte in Berlin-Mitte zu Fuß zurückzulegen und ihn dadurch etwas genauer wahrzunehmen, was ich ehedem zu meiden versucht habe, da es sich leider um den Teil Mittes handelt, der westlich des Alexanderplatzes liegt und damit um eine Gegend, in der so gut wie gar keine Zeichen des ehemals sozialistischen Charakters dieser Stadt zu sehen sind, in der sich dafür aber umso mehr die Fratze des Neuen Berlin zeigt – mit hunderten von Galerien, die Kunst zeigen, die absolut nichts über die Welt aussagt; mit engen, lichtlosen Seitengässchen, in denen nur die horrenden Mieten ahnen lassen, dass man sich hier in einer Großstadt befindet; und schließlich mit einer sich unangepasst dünkenden Bohème, die sich darüber hinwegzutäuschen versucht, dass ihre ganze Nischenexistenz nur an der Gefälligkeit ihrer Grafikdesigns, lustig bedruckten T-Shirts und Alternativgastronomie für eine gutbürgerliche Kundschaft hängt.


Das ganze Elend lässt sich eigentlich nur mit großer innerer Distanz ertragen, quasi mit der Haltung eines Feldforschers. So kann man dieser Gegend doch noch einige interessante Ansichten ablocken: Die Prostituierten auf der Oranienburger Straße, die mit gutbetuchten Herren in Richtung Monbijoupark verschwinden – verrichten sie ihre Arbeit etwa hinter den Hecken? Das wäre aber nun doch zu trostlos... Eine von ihnen unterhält sich, das schwarze Lederkorsett originellerweise über der weißen Daunenjacke geschnürt, am Hackeschen Markt mit einer Gruppe Touristen, während nebenan an einem Scientology-Stand der übliche „kostenlose Stresstest“ angeboten wird, selbst noch um 22 Uhr. Eigentlich sogar recht klug, denn am späten Abend bekommt man betrunkene Jugendliche umso leichter dazu, sich Stegreifreferate über Dianetik anzuhören. Eine Horde junger Leute zieht gröhlend durch die Straße, einer von ihnen schreit, eine Coca-Cola-Flasche schwenkend, die bestimmt nicht nur Cola enthält, „Berlin!“ Das ist nun wirklich eine traurige Vorstellung: Menschen kommen, vielleicht zum ersten Mal, in diese Stadt, wollen etwas sehen und erleben und kommen nur so weit, ausgerechnet die Spandauer Vorstadt für „the place to be“ (so ein Ruf aus einer anderen Touristengruppe) zu halten. Wenn sie wenigstens am Bahnhof Zoo entlang ziehen würden...


Nun denn, eigentlich bleibt nur zu hoffen, dass die BVG-Leitung endlich einknickt und die Tarifforderungen der GenossInnen von ver.di erfüllt. Allzu oft möchte ich diesen Unfug nicht mehr mitansehen müssen.