Dienstag, 18. März 2008

Ein zweiter Ausflug nach Neuruppin - Burger statt Bratwurst

Ein Studienvorhaben zur Stadtbaugeschichte führte mich heute erneut in die Fontanestadt, an deren frühklassizistischer Anlage ich in den kommenden Wochen untersuchen will, wie die Ideen des aufgeklärten Absolutismus ihren Ausdruck in gebauter Umwelt fanden. Zur Einstimmung sah ich mir die Ausstellung im städtischen Museum an, die zwar nichts über die Zeit nach 1929 zu berichten weiß, dafür aber den Teil über die Frühgeschichte des Ortes großenteils in dem Zustand belassen hat, in dem er in den 80er Jahren konzipiert wurde.



Im „Bücher-Konsum“ ein paar Straßen weiter bot mir eine freundliche Verkäuferin überteuerte Antiquitäten an, stimmte mit mir ein in die Klage über die stiefmütterliche Behandlung des architektonischen Erbes der DDR und zeigte schwärmend Postkarten von FDGB-Ferienheimen. Bücher in der von mir präferierten Trödelpreisklasse fand ich dafür auf dem Wochenmarkt, wo ein Mann die Dachbodenhinterlassenschaften seines Vaters verkaufte. So kam ich unter anderem an einen Tierparkführer aus dem VEB Tourist Verlag, der mich überzeugte, bei meinem nächsten Besuch auch bei den hiesigen Mangaliza-Schweinen und Trauerenten vorbeizuschauen. Gleich nebenan gab es Bratwurst, die zwar gut schmeckte, mir aber Mantel und Hose mit breiten Senfflecken verunstaltete, die ich für den Rest des Tages verschämt hinter Umhängetasche und Bücherbeutel zu verstecken versuchte.


Im Tempelgarten, dessen barocke Skulpturen ich mir wegen der Frostschutzverkleidung leider nicht ansehen konnte, suchten Kinder nach Osternestern. Ich hielt ebenfalls die Augen offen, fand aber leider keines. Ein paar Straßen weiter bat mich eine Frau, nach einem orientierungslos auf der Straße umherirrenden Wellensittich zu sehen, da sie sich ihm mit ihrem an der Leine geführten Hund nicht zu nähern traute, aus Angst, dieser könne jenen fressen. Als ich die Stelle untersuchte, auf die sie mich verwiesen hatte, war allerdings nirgendwo ein Sittich zu sehen. Hatte sie mich nur an der Nase herumführen wollen? Das wäre allerdings ein sehr merkwürdiger Streich...


Die Stadtbibliothek hat offenbar sämtliche vor 1990 erschienene Literatur zur Regionalgeschichte bereits vor langer Zeit verschleudert, besitzt aber immerhin noch mehrere Ordner mit alten Ausschnitten aus der „Märkischen Volksstimme“, aus denen ich von einem sowjetischen Skulpturenpark im Stadion der Freundschaft, dem heutigen Waldparkstadion, erfuhr. Ein Besuch im Stadion bestätigte meine Vermutung, dass nichts davon mehr existiert, aber immerhin konnte mir ein Vertreter des Sportvereins erläutern, wie das Ensemble aus einer erhöht stehenden, bronzenen Leninstatue und verschiedenen Sportlerdarstellungen aus Gips einmal ausgesehen hat, sowie, dass das Stadion am anderen Ende durch eine große metallene Wandgestaltung in Form einer Weltraumrakete geschmückt gewesen war.


Zum Schluss schließlich noch ein Abstecher zum besten Haus der Stadt, dem an dieser Stelle bereits gepriesenen Fifties Diner. Wieder schmeckt der Burger grandios, und eine Dose Dr. Pepper, Dean Martin im Radio sowie der Ausblick aus dem Fenster auf Fritz Cremers Marx-Büste machten den Genuss perfekt. Der Besitzer sucht ständig nach neuen US-Memorabilia, um sein Lokal weiter einzurichten. Vielleicht sollte ich ihm einmal eine Fahne der Communist Party of the United States of America besorgen.


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