Freitag, 22. Juni 2007

Ringelreihen in Potsdam


Ort: Potsdam, Ecke Joliot-Curie-Straße / Am Kanal (vormals Heinrich-Rau-Allee).

Passant (sieht Christopher Tracy die Statue umkreisen): Interessieren Sie sich für die Skulptur? "Ringelreihen" heißt die. Wegen dem Ring in der Mitte.

Christopher Tracy: Ach, wissen Sie vielleicht auch, von wem die ist?

Passant: Nein. Da war früher eine Plakette dran, aber dann ist sie verschwunden.

Christopher Tracy: Ah, na gut, vielen Dank!

Sommer auf der Fischerinsel


Am Südufer der Fischerinsel in Berlin - Mitte blinzelt diese Nackte, deren Name und SchöpferIn mir nicht bekannt sind, verträumt in die Sonne. An sich hätte sie auch allen Grund, entspannt um sich zu blicken, wurde sie doch in eine der schönsten Gegenden im neuen Zentrum der Hauptstadt der DDR gestellt: im Rücken den Fischerkietz, vor sich den Spittelmarkt und die Leipziger Straße. Doch leider wird ihr Blick seit einiger Zeit durch den Bau neuer "Townhouses" beleidigt, deren Konzept darin besteht, gleichzeitig so beengt und so teuer wie möglich zu wohnen. Wer wie unsere namenlose Schöne die Weite sozialistischer Stadtgebiete gewohnt ist, kann davor nur mild lächelnd die Augen schließen.

Von Norden nach Woronesh


Ein weiterer Abstecher nach Woronesh führt uns zu einem der dort zahlreich vorhandenen Mahnmale für den Zweiten Weltkrieg, dessen Interpretation als "Großer Vaterländischer Krieg" sich hier in besonders schlimmer Form zeigt: Die Darstellung eines gefallenen Soldaten mit einer Mutter-Heimat-Figur, die ein Baby an ihrem Busen stillt, ist bar jeden Bezugs auf die politische Dimension dieses Krieges - die Verteidigung des Sozialismus gegen den Faschismus - und könnte in dieser Form genauso gut auch als Kriegstotenmahnmal in jedem anderen Land stehen. Nichtsdestotrotz ist der 1967 von dem Bildhauer F. K. Suschkow und dem Architekten A. G. Busow geschaffene Gedenkkomplex, wie mir ein Einheimischer versicherte, in der Stadt die beliebteste Fotokulisse für frisch verheiratete Paare.


Viel interessanter dagegen ist eine nahe dem Denkmal errichtete Installation: eine große Pyramide aus rotem Glas, an deren vier Achsen jeweils ein leicht geneigter roter Stern angebracht ist. Sie steht in der Mitte eines Kreisverkehrs am Anfang des Moskowskij Prospekt (im Kominternowskij Rajon) und damit am Übergang von der Schnellstraße in den Stadtverkehr. Wer von Norden in die Stadt hinein fährt, erhält so schon einen ersten, bleibenden Eindruck durch die Pyramide, die nachts auch von innen beleuchtet ist. Wann und durch wen sie geschaffen wurde, kann ich nicht sagen, aber sie ist auf jeden Fall ein guter Beweis dafür, dass ein politischer Inhalt - hier: die aufwärts strebende rote Bewegung - nicht an eine konkrete Form gebunden ist, sondern auch in abstrakter Weise überzeugend dargestellt werden kann.

Sonntag, 17. Juni 2007

Geschlagen, befreit





Bereits gestern war an dieser Stelle das Gedenken an die Opfer des Faschismus als Sinnstiftung für die Gegenwart Thema. Auch diese Figurengruppe vor dem Freizeitforum in Berlin - Marzahn, die den würdigen Abschluss der Marzahner Promenade bildet, verfolgt dieses Ziel. Die drei Figuren, "Die Geschlagene", "Sich Aufrichtende" und "Sich Befreiender", können gelesen werden als Entwicklung von der Unterdrückung durch den Nationalsozialismus über das Aufstehen zum antifaschistischen Widerstand bis zur Selbstbefreiung von den Wurzeln des Faschismus im Rahmen der sozialistischen Revolution, was auch durch die Platzierung der Statuen auf einem zentralen Platz des wichtigsten sozialistischen Wohngebiets der späten DDR unterstrichen wird. Zusammengehalten wird die Figurengruppe durch Platten im Boden, in die die Worte "gefoltert", "vergessen" usf. geätzt sind, bis zur letzten Platte, "befreit".

Interessant ist gerade die letztgenannte Platte, die den historischen Ablauf der Beseitigung des Nationalsozialismus weitaus richtiger widergibt als die Statue des "Sich Befreienden": Nicht die Deutschen selbst, sondern die Alliierten waren es, die das "Tausendjährige Reich" beendeten. Interessant ist auch, dass diese dritte Skulptur des Ensembles erst 1991 aufgestellt wurde, während die beiden anderen von Mitte der 80er Jahre datieren. Eine böswillige Lesart könnte zu dem Schluss führen, hier sei eine Linie zur "Selbstbefreiung" der DDR-Bevölkerung im Rahmen der "friedlichen Revolution" von 1989 gespannt. Doch die verantwortliche Künstlerin, Ingeborg Hunzinger, ist solcher Anwandlungen kaum verdächtig. Die Bildhauerin und Kommunistin, bei Fritz Cremer in die Lehre gegangen, hat auch nach 1990 noch Werke wie das Denkmal für den Frauenprotest gegen die "Fabrikaktion" in der Rosenstraße (bereits in den späten 80ern in Auftrag gegeben) und die Reliefs für Karl Liebknecht und Mathilde Jacob am Franz-Mehring-Platz geschaffen.