Freitag, 22. Juni 2007

Von Norden nach Woronesh


Ein weiterer Abstecher nach Woronesh führt uns zu einem der dort zahlreich vorhandenen Mahnmale für den Zweiten Weltkrieg, dessen Interpretation als "Großer Vaterländischer Krieg" sich hier in besonders schlimmer Form zeigt: Die Darstellung eines gefallenen Soldaten mit einer Mutter-Heimat-Figur, die ein Baby an ihrem Busen stillt, ist bar jeden Bezugs auf die politische Dimension dieses Krieges - die Verteidigung des Sozialismus gegen den Faschismus - und könnte in dieser Form genauso gut auch als Kriegstotenmahnmal in jedem anderen Land stehen. Nichtsdestotrotz ist der 1967 von dem Bildhauer F. K. Suschkow und dem Architekten A. G. Busow geschaffene Gedenkkomplex, wie mir ein Einheimischer versicherte, in der Stadt die beliebteste Fotokulisse für frisch verheiratete Paare.


Viel interessanter dagegen ist eine nahe dem Denkmal errichtete Installation: eine große Pyramide aus rotem Glas, an deren vier Achsen jeweils ein leicht geneigter roter Stern angebracht ist. Sie steht in der Mitte eines Kreisverkehrs am Anfang des Moskowskij Prospekt (im Kominternowskij Rajon) und damit am Übergang von der Schnellstraße in den Stadtverkehr. Wer von Norden in die Stadt hinein fährt, erhält so schon einen ersten, bleibenden Eindruck durch die Pyramide, die nachts auch von innen beleuchtet ist. Wann und durch wen sie geschaffen wurde, kann ich nicht sagen, aber sie ist auf jeden Fall ein guter Beweis dafür, dass ein politischer Inhalt - hier: die aufwärts strebende rote Bewegung - nicht an eine konkrete Form gebunden ist, sondern auch in abstrakter Weise überzeugend dargestellt werden kann.

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